Im Hintergrund sitzt eine Person. Sie ist nicht erkennbar. Im Vordergrund ist ein Mikrofon zu sehen. 7 min
Lokaljournalisten, die in Dörfern und Kleinstädten arbeiten, laufen Gefahr, dass sich ihr Berufsleben auch auf ihr Privatleben auswirkt. Sie haben Sorge vor Übergriffen, weil nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Wohnorte oder Autos häufig bekannt sind. Bildrechte: MDR MEDIEN360G

Tag der Pressefreiheit Lokaljournalisten zensieren sich aus Angst selbst

03. Mai 2024, 06:01 Uhr

Am 3. Mai ist der Internationale Tag der Pressefreiheit. Auch wenn die Lage in Deutschland im Vergleich zu den meisten Ländern positiv ist, werden auch hierzulande Medienschaffende Opfer von Angriffen, die fatale Folgen für die Pressefreiheit haben können.

Am 3. Mai 1991 forderten Journalistinnen und Journalisten in der Deklaration von Windhoek freie, unabhängige und pluralistische Medien sowohl auf dem afrikanischen Kontinent als auch weltweit. In Erinnerung daran wurde der 3. Mai später von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag der Pressefreiheit erklärt. Jedes Jahr wird an diesem Tag an die Bedeutung von freier Berichterstattung erinnert.

Deutschland auf Platz 10 der Rangliste der Pressefreiheit

Auch wenn Deutschland in der von Reporter ohne Grenzen veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 10 von 180 steht, ist die Situation für Journalisten alles andere als optimal. Zwar seien im Vergleich zum Vorjahr die Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten deutlich zurückgegangen, mit 41 ist die Zahl aber immer noch dreimal so hoch wie im Jahr 2019. 2015 kam es zu einer ähnlich hohen Anzahl an Angriffen. Damals waren es 39.

Zugenommen hätten hingegen pressefeindliche Tendenzen: "Besonders im Internet werden Journalistinnen und Journalisten immer wieder diffamiert, manche bekommen gar Morddrohungen. Seit dem Beginn von Israels Krieg gegen die Hamas beobachtet RSF zudem vermehrt Übergriffe auf Medienschaffende auf Pro-Palästina-Demonstrationen. Zudem verzeichnet die Organisation ein neues Phänomen der Pressefeindlichkeit: Landwirtinnen und Landwirte blockierten in mindestens fünf Fällen mit Traktoren die Auslieferung von Zeitungen in mehreren Bundesländern", lautet es in der Pressemitteilung.

Angeführt wird die Rangliste von Norwegen, Dänemark und Schweden. Schlusslichter sind Afghanistan, Syrien und Eritrea.

Eine Studie des "European Center for Press and Media Freedom (ECPMF)" spricht sogar von 69 Fällen von physischen Angriffen auf Journalisten im Jahr 2023. Besonders gefährdet seien Medienschaffende rund um Demonstrationen. Berlin habe Sachsen als Spitzenreiter mit den meisten Angriffen abgelöst. In der Hauptstadt ereigneten sich die meisten Übergriffe (21 von 25) dabei im Umfeld von sogenannten Pro-Palästina-Demonstrationen.

Permanentes Bedrohungsgefühl führt zu Selbstzensur

Journalisten, die in Dörfern und Kleinstädten arbeiten, laufen eher Gefahr, dass sich ihr Berufsleben auch auf ihr Privatleben auswirkt. Das liege auch daran, dass die Journalisten selbst, ihre Wohnorte oder Autos häufig bekannt sind und so wiederum Angriffe begünstigt würden, so die ECPMF-Studie. Das könne dazu führen, dass bei manchen Medienschaffenden ein "permanentes Bedrohungsgefühl" entsteht.

Dies könne so weit gehen, dass manche Lokaljournalistinnen und -journalisten in Teilen Sachsens Angst hätten, über rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteure zu berichten. Diese Angst "führt zu Selbstzensur und damit zu blinden Flecken in der Berichterstattung, die höchst problematisch sind", schreiben die Autoren der Studie.

Pressefreiheit in Deutschland

Eine Kamera, Mikrofon, Kopfhörer und andere Teile einer Ausrüstung eines ZDF-Teams liegen auf dem Boden.
Angriff auf die Pressefreiheit: Laut Reporter ohne Grenzen hat die insgesamt weiter wachsende Gewalt gegen Medienschaffende dazu geführt, dass Deutschland in der weltweiten Rangliste für Pressefreiheit auf Platz 21 abrutscht. Bildrechte: picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Die Statue der Justitia steht auf dem Gerechtigkeitsbrunnen auf dem Frankfurter Römerberg.
SLAPP-Klagen - Journalistinnen und Journalisten wird bereits während der Recherche mit rechtlichen Schritten gedroht, um kritische oder unliebsame Berichterstattung zu verhindern oder sie zumindest zu verzögern und einzuschränken. Bildrechte: picture alliance/dpa | Frank Rumpenhorst
Ein schwarzes Tagebuch mit Brille, Kopfhörer, Lupenbrille, Bleistift und Tastatur auf einem Schreibtisch
Die Arbeit als investigativer Journalist ist aufwändig und kostspielig. Am Ende entstehen Beiträge, die hinter offizielle Zahlen und Statements blicken und im Idealfall einen Mehrwert für die Gesellschaft bieten. Bildrechte: IMAGO/imagebroker

Rundfunk, Presse und Politik

Stilisierte Grafik zur ARD-Reform mit dem ARD-Logo am Haken eines Krans und einem grafisch dargestellten Baugerüst mit einem Bauarbeiter sowie Geldscheinen im Bildhintergrund. mit Video
Was soll der Öffentlich-Rechtliche leisten? Was soll er kosten? Darüber wird derzeit viel diskutiert. Dass es Reformbedarf gibt, das ist weitgehend Konsens. Nicht nur in der Politik, auch in den Rundfunkanstalten selbst. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G
Porträtfoto von Prof. Dr. Annika Sehl von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Im Interview mit MEDIEN360G spricht Prof. Dr. Annika Sehl von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt über ihre Aufgaben im Zukunftsrat. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Christine Blohmann/Die Hoffotografen, Berlin

Medien im Fokus

Ein Reporter steht in kniehohem Wasser und spricht in ein Mikrofon. Eine Person mit Kamera filmt ihn.
Der Klimawandel beeinflusst alle Lebensbereiche. Die Herausforderung für Journalisten ist es, das Thema als Teil ihrer Berichterstattung anzusehen und lösungsorientiert zu berichten. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | dpa
Eine junge Frau sitzt umgeben von Büchern auf dem Boden und filmt sich mit einem Smartphone.
Auf der Videoplattform TikTok diskutieren, empfehlen und rezensieren vor allem junge Frauen in kurzen Videos Bücher. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Eine Frau blickt durch einen weißen Rahmen, auf dem "facebook" steht und wirft der Kamera einen Kuss zu.
Im Februar 2004 startete die weltweite Erfolgsgeschichte von Facebook. Auch wenn die Plattform vor allem bei Jüngeren an Bedeutung verloren hat, ist das Urgestein der Sozialen Netzwerke noch lange nicht tot. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Stilisierte Grafik von mehreren Fernsehern, die aufeinandergestapelt sind. Auf einigen ist ein bunter Hintergrund und die Logos von deutschen Privatsendern zu sehen.
Der 1. Januar 1984 war der Startschuss für das deutsche Privatfernsehen. Im Gegensatz zum Programm der Öffentlich-Rechtlichen stand bei den Privaten die Unterhaltung im Vordergrund. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Eine Frau sieht mit gespanntem Blick in die Kamera und isst Popcorn.
Binge-Watching beschreibt das "Durchschauen" einer Serie in kurzer Zeit. Was früher verpönt war, gehört heute zur Normalität. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Foto: Panthermedia
Eine Frau mit Köpfhörern auf dem Kopf und einem Smartphone in der Hand hält sich erschrocken die Hand vor den Mund.
Unter True-Crime-Fans sind Frauen mit Abstand in der Überzahl. Der Grund dafür könnte mit der Angst vor Verbrechen zusammenhängen. Bildrechte: Panthermedia / Benzoix (YAYMicro)

Sicher in der digitalen Welt

Ein Mann und eine Frau posieren mit ihrem Säugling für ein Selfie.
Bevor Kinder fünf Jahre alt sind, sind bereits durchschnittlich 1500 Bilder von ihnen im Netz, so eine Studie. Und einmal online, haben die Eltern keine Kontrolle mehr darüber, wie die Bilder verwendet werden. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Zwei Kleinkinder sitzen nebeneinander und haben ein Smartphone und ein Tablet in der Hand.
Der Medienkonsum von Kindern kann mittels verschiedener Apps besser von den Eltern kontrolliert werden. Bildrechte: Panthermedia | MDR MEDIEN360G
Auf einem Gewässer schwimmt ein durchsichtiger Ball, in dem eine Person steht.
Durch den Einfluss von Algorithmen in (Sozialen) Medien können sogenannte Filterblasen entstehen, in denen nur bestimmte Themen und Meinungen stattfinden. Bildrechte: picture alliance/dpa
Bildausschnitt von einem Handy-Display mit Nachrichten-Apps.
Täglich strömen zahlreiche Nachrichten und Meldungen auf uns ein. Die Folge: Bei vielen zeigt sich Nachrichtenmüdigkeit. Warum uns Bad News frustrieren, wird wissenschaftlich untersucht. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G